Molière im Wohnwagen
25.07.2014
- Die Cammerspieler vor dem alt-neuen Cammerspiele-Wohnwagen. / Foto: André Kempner
Die Cammerspiele orientieren sich in ihrem Sommertheater "Der Geizkragen" auch an Louis de Funès
Von Torben Ibs
Zum zehnten Mal beginnt heute Sommertheater in der Galerie Kub, und zum vierten mal führt Sebastian Börngen Regie für die Cammerspiele, die mit diesem humoristischen Angriff aufs Publikum üblicherweise die Saison beschließen. Dieses Jahr gibt es eine Mischung aus echtem Klassiker und Filmadapation, gespielt wird "Der Geizkragen", gleichermaßen basierend auf Molière und dem französischen Kino-Anarcho Louis de Funès, der den Stoff filmisch umgesetzt hat. Die Premiere liegt denn auch nur wenige Tage vor dem 100. Geburtstags des Komikers am 31. Juli.
Die Cammerspiele verlegen ihre Version kurzerhand auf einen Hinterhof-Campingplatz in Saint Tropez: High Society trifft White Trash. Die Handlung ist schnell erzählt. Da ist der reiche Harpagon, der seinen Reichtum mit niemanden teilt, und seine Kinder und Bediensteten, die alle ihr Stück vom Kuchen abhaben wollen. Harpagon wiederum möchte seine Kinder möglichst gewinnbringend unter die Haube bringen, während diese den lasterhaften Idealen der romantischen Liebe anhängen.
Für die Inszenierung haben Börngen, Dramaturgin Eszter Dunkl und Produktionsleiter Rico Dietzmeyer den Stoff auf fünf Rollen reduziert, womit fünf zumeist aus anderen Cammerspiele- Produktionen bekannte Gesichter auf der Bühne stehen und auch einiges an Sommertheatererfahrung mitbringen: Sarah Arndtz, Madeleine Brandt, Karla Müller, Christian Strobl und Josef Weitenbörner.
Der Clou ist in diesem Jahr sicher das Bühnenbild. Ein vollumfänglicher Wohnwagen bietet die Szenerie für all die komischen Drehungen und Verwicklungen. Ihn bekam das Team von einem Schrottplatz geschenkt, aber seine Entmüllung stellte die Crew doch vor ganz unerwartete Aufgaben. Aus dem ursprünglichen Innenleben hat es aber dann sogar ein Requisit in die Inszenierung geschafft, vom hinteren Regal grüßt eine Kylie-Minouge-Platte. Auch der Transport des längst nicht mehr straßentauglichen Gefährts bereitete einiges Kopfzerbrechen, aber schlussendlich haben es die Cammerspieler irgendwie geschafft, den Wagen von seinem Standplatz in Wahren in die Südvorstadt zu schaffen.
Umwerfend sind auf den ersten Blick auch die Kostüme von Henrike Katharina Fischer. Klare Farben und Formen, irgendwo zwischen aufgetakelt und Zirkusnummer, selbst wenn Schauspielerin Sarah Arndtz beim Probenbesuch mit ihren grünlackierten verrüschten Schuhen noch etwas fremdelte. Bis gestern feilte die 14-köpfige Gruppe an der Inszenierung, nahm die letzten Verkabelungen im Wohnwagen vor und berücksichtigte noch einige Änderungswünsche an den Kostümen. Denn das Theaterprojekt versteht sich als Teamarbeit, selbst Regievorschläge des Technikers sind willkommen, auch wenn die letzte Entscheidung immer bei Regisseur Börngen und seiner Dramaturgin Dunkl liegt, die mit maximaler Sicherheit durch den Dramentext navigiert.
Erstmalig wird die Inszenierung dann auch nicht nur zu den zehn Aufführungen im Hof der alten Kunst- und Bauschlosserei, der Galerie Kub, zu sehen sein, sondern Ende August auch in der Villa Hasenholz, bevor die Cammerspiele ihre Spielzeit endgültig beenden.
"Der Geizkragen", Premiere heute, 19.30 Uhr, Galerie Kub (Kantstraße 18), zudem morgen sowie 30./31. Juli, 1./2. und 6. bis 9. August, jeweils 19.30 Uhr; Termine im Garten der Villa Hasenholz (Gustav-Esche-Straße 1): 27. bis 29. August, jeweils 19.30 Uhr, Karten für 10/6 Euro: 03413067606 oder cammer@cammerspiele.de
Text von Torben Ibs.
Leipziger Volkszeitung, vom 25. 07. 2014