"Weg damit - neu kaufen?"

18.02.2013

Bildinhalt: "Weg damit - neu kaufen?" |  Lisa Kuhley (links) und Anne Neumann wollen im April anfangen. Foto: André Kempner
Lisa Kuhley (links) und Anne Neumann wollen im April anfangen. Foto: André Kempner
 

Verein Leben.Lernen.Leipzig möchte mit Schülern in Lindenau eine Reparaturwerkstatt aufbauen

In der Waschmaschine ist der Keilriemen gerissen, beim Lieblingspulli der Ärmel lädiert und der Küchenmixer hat ebenfalls seinen Geist aufgegeben. Weg damit - neu kaufen? Das muss nicht sein! Mit ein paar Handgriffen kann die Lebenszeit der Produkte verlängert werden. Der Verein Leben.Lernen.Leipzig möchte dieses Bewusstsein fördern und gerade junge Menschen in Beziehung zu ihren Sachen bringen. Zu diesem Zweck will der Verein in Lindenau das "Café Kaputt" aufbauen.

"Geplant ist eine Mischung aus Selbsthilfewerkstatt und Bildungsprojekt", erklärt Projektleiterin Anne Neumann. Im "Café Kaputt" sollen Besucher ihre beschädigten Besitztümer nicht nur abgeben und funktionstüchtig wieder abholen. "Sie sollen lernen, welche Maßnahmen dafür erforderlich sind", ergänzt Kollegin Lisa Kuhley. Hilfestellung beim Löten, Leimen, Biegen, Sägen, Nähen oder Stopfen werden laut Konzept ehrenamtliche Experten in regelmäßigen Sprechstunden leisten. "Sie packen mit an, wenn es knifflig wird." Werkzeug, aber auch Ratgeber-Literatur zu einzelnen Fachgebieten wird zur Verfügung stehen. "Das Café bietet zum Stöbern und Austauschen mit anderen Besuchern den richtigen Rahmen."

Damit der geplante Eröffnungstermin im Sommer 2014 eingehalten werden kann, muss noch einiges passieren. Denn das Hinterhaus zwischen Georg-Schwarz-Straße 11 und Merseburger Straße 102, das bereits früher als Werkstatt genutzt wurde, hat eine Reparatur selbst dringend nötig. Von März bis August müssen gemeinsam mit Eigentümern des Hausprojektes "Central LS W33" Strom, Wasser und Abwasser zum Haus gelegt, Leitungen und Anschlüsse im Inneren überprüft und fit gemacht, sanitäre Anlagen und ein Heizungssystem eingebaut werden. Im Anschluss soll die Werkstatt zusammen mit Leipziger Schülern eingerichtet werden. "Es soll ja nicht unsere Werkstatt werden. Die Schüler sollen sich damit identifizieren können."

Doch nicht nur Schüler sollen künftig Nutzer im "Café Kaputt" sein. Das Projekt soll den Austausch zwischen den Generationen anregen. "Denn gerade bei der älteren Generation liegt viel Wissen, was früher oder später verloren geht", betont Neumann. "Gemeinsam können wir ein Zeichen gegen das Wegwerfen und für eine nachhaltige Konsumkultur in unserer Stadt setzen", ist sich die 27-Jährige sicher. Denn die Idee eines "Repair-Cafés" ist nicht neu. "Sie kommt aus den Niederlanden und wurde auch schon in anderen deutschen Städten verwirklicht."
Finanzieren wollen die Mitglieder des Vereins ihr Projekt durch eine große Crowdfunding-Spendenaktion (Schwarmfinanzierung, bei der viele Kapitalgeber das Projekt unterstützen). Von insgesamt 6000 Euro, die zur Verwirklichung notwendig sind, konnten bereits etwa 2500 Euro zusammengetragen werden. Zeit bleibt bis 13. März, denn dann soll die Instandsetzung starten. Förderanträge hat der Verein ebenfalls gestellt.

Dass die jungen Leute das notwendige Know-How für ein solches Projekt haben, konnten sie bereits unter Beweis stellen. Auch wenn der Verein erst im Sommer 2012 gegründet wurde, waren die Mitglieder bereits vorher bildungspolitisch aktiv. "Wir alle kennen uns aus dem europäischen Freiwilligendienst. Wir wollten die Leute auf den Einsatz in der Ferne aufmerksam machen", erinnert sich Neumann. "Wir haben aber auch gemerkt, dass wir mit unseren Informationsveranstaltungen nur die Leute mit einem 'Einser-Abitur' erreichen. Und die hätten sich auch ohne unser Zutun dafür entschieden", erzählt Kuhley weiter. So fassten sie den Entschluss, sich mehr mit Leipzig zu beschäftigen und vor allem Mittelschüler in ihre Projekte einzubeziehen. "Wir wollen die Leute dazu bewegen, ihr Umfeld bewusst zu erleben und zu gestalten - sie aktivieren, ihre eigenen Ideen umzusetzen."

Mit diesem Ansatz sei auch das Projekt "Bildungsreise - Ich bin mal kurz weg" entstanden. "Dafür haben wir ein Dreivierteljahr mit Schülern der 20. Mittelschule aus Schönefeld zusammengearbeitet. Ziel war, dass die Jugendlichen ihre Bildungsreise selbst organisieren." Denn Klassenfahrten könnten häufig nicht stattfinden - bei den Lehrern fehlt die Zeit, bei den Eltern das Geld. "Sie haben gelernt, dass ein Segeltörn im Mittelmeer nicht drin ist - eine Radtour an der Nordsee allerdings schon." Ein ähnliches Ergebnis soll auch die Arbeit am "Café Kaputt" liefern. Wer etwas bewegen will, kann etwas bewegen!

Text von Uta Zangemeister

Info: Schulen, die sich für das Projekt interessieren oder Leipziger, die spezielle Sprechstunden anbieten möchten, melden sich beim Verein per E-Mail an leben.lernen.leipzig@gmx.de. Wer das Projekt mit einer Spende unterstützen möchte, kann das auf dem Spendenkonto: Leben.Lernen.Leipzig e.V., Konto: 1144391500, Bankleitzahl: 43060967, Bank: GLS. Internet: www.cafekaputt.lebenlernenleipzig.de

Leipziger Volkszeitung, vom 18.02.2013


Nachricht vom 18.02.2013
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