Gerangel um Park der Mädler-Villa
06.07.2012
- Mädlervilla (im Hintergrund) mit Park / Foto: André Kempner
Stasi-Experten wollen Reste des Geheimdienst-Gefängnisses unter Denkmalschutz stellen lassen
Das in Leutzsch entdeckte sowjetische Geheimdienst-Gefängnis wird ein Fall für die Stadtpolitik: Nachdem der ehemalige Gefängnistrakt an der Mädler-Villa in der Hans-Driesch-Straße 2 nahezu komplett abgebrochen ist, will das Bürgerkomitee für die Auflösung der ehemaligen Staatssicherheit noch erhalten gebliebene Bauteile unter Denkmalschutz stellen lassen.
Der Leiter der Gedenkstätte Museum in der "Runden Ecke" hatte den überbauten Gefängnistrakt entdeckt, als dessen Abbruch bereits auf Hochtouren lief. Die Abbruchfirma Caruso und die beteiligten Projektentwickler stoppten die Abrissbagger in letzter Minute, damit Experten der Gedenkstätte alle Details des Bauwerks dokumentieren konnten - unter anderem mit Hilfe von Bauarchäologen (die LVZ berichtete). Selbst die "Brausezelle", die nach der Erinnerung von Zeitzeugen auch als "Wasserfolterzelle" genutzt worden war, ließ sich anhand von Installationsresten nachweisen. Doch dann legten die Abrissbagger wieder los. "Schrittweise kamen die Böden der 28 L-förmig angeordneten Zellen zum Vorschein", erzählt Tobias Hollitzer, Leiter des Stasi-Museums. "So entstand die Idee, Teile davon für die Nachwelt zu bewahren."
Im Eilverfahren wurde Mitte Juni im Landesamt für Denkmalpflege beantragt, die letzten Zeugnisse des Gefängnisses unter Denkmalschutz zu stellen. Parallel dazu erarbeitete das Berliner Büro für Zeitgeschichte und Denkmalpflege, Schulz und Drieschner GbR, einen Vorschlag für eine Präsentation der baulichen Reste. Der Natursteinsockel des Gebäudes sowie der Freiganghof sollten erhalten werden, hieß es. Als obere Deckschicht könne Rasen aufgebracht werden, nicht aber Bäume oder größere Büsche. Wie der Natursteinsockel sollten auch Teile der original erhaltenen Türleibungen sowie Türschwellen sichtbar bleiben und so einen Eindruck vom einstigen Gebäudebereich vermitteln. Eine Schautafel könnte Informationen zur Geschichte und zur baulichen Struktur liefern.
Das Leipziger Amt für Stadtgrün und Gewässer war zu dieser Zeit gerade dabei, die Wiederherstellung des einstigen Park-Areales anzuschieben - allerdings nach dem historischen Vorbild, nicht nach den Plänen der Stasi-Experten. Denn die denkmalgeschützte Grünanlage kann mit so genannten Ausgleichsmitteln neu gestaltet werden. Amtsleiterin Inge Kunath hatte deshalb eine freie Landschaftsarchitektin aus Dresden beauftragt, Pläne zu erarbeiten. Aufgeschreckt durch den Vorstoß der "Runden Ecke" hat Kunath jetzt beim Sächsischen Landesamt für Denkmalpflege in Dresden angefragt, wie die Behörde mit der geforderten Unterschutzstellung der Überreste des Gefängnisses umzugehen gedenke. "Die Antwort war, dass der Antrag negativ beschieden wird", sagte sie gestern. "Aber natürlich sind wir trotzdem in der Pflicht, die Spuren der Vergangenheit für die Zukunft zu bewahren." Wie dies "in geeigneter Art und Weise geschehen kann", ohne die Wiederherstellung des alten Gartendenkmals zu gefährden, müssten die Entwürfe der beauftragten Architektin zeigen. "Ihre Entwürfe für die Genehmigungsplanung werden noch im Juli vorliegen und dann mit allen Beteiligten diskutiert", so Kunath. "Ich bin mir sicher, dass wir einen einvernehmlichen Vorschlag finden werden." Auch Norbert Baron, Abteilungsleiter für Denkmalpflege und Leiter der unteren Denkmalschutzbehörde im Leipziger Rathaus, signalisiert Kompromissbereitschaft. "Wir wollen die Spuren des Gefängnisses erhalten", erklärte er gestern.
Die Experten des Leipziger Stasi-Museums bekommen für ihren Vorstoß mittlerweile Rückenstärkung. So fordert Lutz Rathenow, Sachsens Landesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, auch die noch vorhandenen Gebäudeteile des Untersuchungsgefängnisses unter Denkmalschutz zu stellen. "Das Denkmal aus der Frühzeit der kommunistischen Diktatur in Leipzig" zeige "wie kein anderer Ort den Wechsel und die Kontinuität von NKWD und Staatssicherheit", argumentiert Rathenow. Der ursprüngliche gründerzeitliche Parkentwurf könne mit einer Geschichts-Collage ergänzt werden, ohne die Parkanlage zu zerstören.
Text von Andreas Tappert
Leipziger Volkszeitung, vom 05.07.2012