Entlassen: Ein Wächterhaus hat fertig

26.05.2012

Bildinhalt: Entlassen: Ein Wächterhaus hat fertig | Das Wächterhaus in der Zschocherschen Straße / Foto: Daniel Große
Das Wächterhaus in der Zschocherschen Straße / Foto: Daniel Große
 

Zwischennutzung beendet / Eigentümer plant Wohnungen und Gewerbeeinheiten

Das Prinzip der Wächterhäuser hat sich in Leipzig bewährt. Unbewohnte, vom Verfall bedrohte Gebäude, werden einer Zwischennutzung zugeführt. Mitglieder der Kreativwirtschaft erhalten und bewirtschaften sie eine bestimmte Zeit, finden dort eine erste Heimstätte für ihre Existenzgründung. Aber irgendwann kommt der Punkt, an dem es heißt, Abschied zu nehmen von der Übergangslösung. Im Leipziger Westen ist es in den nächsten Wochen soweit.

„Wächterhäuser sind von Anfang an ein Zwischennutzungskonzept. So ist es auch hier, bei der Zschocherschen Straße 59-61.“

Der das sagt heißt Fritjof Mothes und ist im Vorstand des Vereins Haushalten e.V., der solche Wächterhäuser verwaltet und entsprechende Konzepte erarbeitet. Insofern war es allen Nutzern klar, dass sie nach spätestens fünf Jahren wieder raus müssen. Im Fall der Zschocherschen hat es mit sechseinhalb Jahren ein wenig länger gedauert, weil die Nachnutzung noch nicht geklärt war. Anfang Juli nun müssen alle Nutzer aus dem Wächterhaus an der König-Johann-Brücke ausziehen, der Großteil ist es bereits. Die GRK Holding als Eigentümer plant, in dem Doppelhaus 16 Eigentumswohnungen und drei Gewerbeeinheiten unterzubringen. „Derzeit läuft die Bauplanung sowie eine Bausubstanzanalyse. Der Bauantrag wurde noch nicht gestellt, wann wir beginnen, steht noch nicht fest“, so GRK-Vorstand Steffen Göpel.
Einer, der den Wegfall des Hauses bedauert,ist Ronny Waleska. Der freie Fotograf findet es „schade, dass das Haus in seiner Nutzung verloren ist. Das ist aber der Stadtentwicklung und dem Sanierungsaufkommen geschuldet“, sagt er. Außerdem will er einen Bezug zur aktuellen Gentrifizierungs-Debatte erkannt haben. „Das ist sicher auch ein Teil der Gentrifizierung, ja. Im Prinzip wird das Haus luxussaniert für die oberen Einkommensschichten. Menschen mit mittleren Einkommen oder kreative Existenzgründer kommen da nicht mehr rein“, meint er. Steffen Göpel von der GRK kann keinen Bezug zurGentrifizierung feststellen. „Das ist ein Haus im Leipziger Westen, wo es ohnehin noch weitere Wächterhäuser gibt“, sagt er. Auch Fritjof Mothes von Haushalten e.V. ist überzeugt, dass der Wegfall dieses einen Hauses keine Probleme für die Kreativszene darstellt. „Wenn man sich die Häuser anschaut, die wir bislang begleitet haben, ist die Zschochersche ohnehin eine Ausnahme. In der Kuhturmstraße etwa ist das Gebäude an die vorhandene Nutzergruppe übergegangen, ebenso in der Lützner Straße, wo die Nutzer einen Verein gegründet und das Haus gekauft haben. Auch hätten sich bereits einige Nutzer aus der Zschocherschen 59-61 ein Herz gefasst und in der Georg-Schwarz-Straße ein Haus gekauft, das nun ausgebaut werden soll“, sagt er. Zudem sei es so, dass ein Großteil der Nutzer eines Wächterhauses ohnehin nach der vereinbarten Zeit von meist fünf Jahren das Umfeld verlässt und sich längerfristig bindet. Über die Entwicklung der Zschocherschen Straße 59-61 zeigt sich Mothes zufrieden: „Das Haus war damals hochgradig gefährdet, gehörte einem älteren Mann aus Bremen. Als er davon hörte, was wir daraus gemacht haben, besuchte er uns hier und meinte, er sei in einen Jungbrunnen gefallen“, berichtet er. Solche Entwicklungen seien prinzipiell an jeder Stelle der Stadt denkbar. „Es liegt bei den Menschen selbst, Konzepte zu entwickeln. Wir unterstützen und beraten als Verein sehr gern. Leipzig bietet genügend Raum, sich neue Stadtquartiere zu erschließen“, sagt der Vereins-Vorstand. Ein Beispiel sei Volksmarsdorf, wo sich immer mehr Kreative niederlassen würden.

Text von Daniel Große

www.lvz-immo.de

Leipziger Volkszeitung, vom 26.05.2012


Nachricht vom 26.05.2012
Autor: