Eine Stadt für alle? Diskussionsrunde berät über Zukunft des Leipziger Westens

07.03.2014

Bildinhalt: Eine Stadt für alle? Diskussionsrunde berät über Zukunft des Leipziger Westens | Voller Stadtteilladen Leipziger Westen zur Diskussion um die Zukunft / Foto:  Eva Brackelmann
Voller Stadtteilladen Leipziger Westen zur Diskussion um die Zukunft / Foto: Eva Brackelmann
 

Der Stadtteilladen Leipziger Westen in der Karl-Heine-Straße war mehr als gut gefüllt am Mittwoch, den 05.03.2014. Kurz nach 19:00 Uhr eröffnete die Journalistin Eva Brackelmann die Diskussionsrunde „Eine Stadt für alle? Wie geht es im Leipziger Westen weiter?“ Eingeladen dazu hatte die Friedrich-Ebert-Stiftung, Landesbüro Sachsen. Die rund 90 interessierten BesucherInnen, von denen einige sogar stehen mussten, erfuhren in einer Einführung wie sich der Leipziger Westen in den letzten Jahren entwickelt hat. Neben jungen Familien, ziehen auch immer mehr Kreative und Kulturschaffende in die Stadtteile Plagwitz, Lindenau und Leutzsch. Anhand einer Studie, die zwischen 2009 und 2011 entstanden ist, informierten die Geoanthropologen Prof. Dr. Vera Denzer und ihr Kollege Dr. Tilman A. Schenk, vom Institut für Geographie der Universität Leipzig, über das Potenzial des Leipziger Westens und wie dieses genutzt wird. Vor allem die Umnutzung vorhandener Bausubstanz wurde dabei deutlich gemacht. In alten Industriebauten entstanden Freiräume für Kreative. Diese brachten neue und alternative Wohn- und Lebensformen in die Stadtviertel ein. Dass die Stadt einem ständigen Wandel unterworfen ist, wurde mit dem Fokus auf die Entwicklungen rund um die Josephstraße deutlich gemacht. Auch die temporäre Nutzung von Brachflächen als „Nachbarschaftsgärten“ fand in diesem Zusammenhang Erwähnung. Die Studie zeigte zudem einen Widerspruch des kreativen Pioniers auf. Dieser möchte einerseits frei und unabhängig sein, andererseits ist er aber auf Förderung durch die Stadtverwaltung angewiesen, um seine Existenz zu gewährleisten. Von alteingesessenen Einwohnerinnen und Einwohnern der Stadtviertel wird der Kreative zudem meist misstrauisch beäugt.

Nach dieser Einführung ging es in die Diskussionsrunde. Katharina Kleinschmidt vom Stadtbezirksbeirat Südwest machte auf die Wichtigkeit von städtischen Wohnungen aufmerksam. Sie stellte die Rolle der Leipziger Wohnungsbau (LWB) in den Mittelpunkt, in den begehrten Stadtvierteln weiterhin bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und zu erhalten, insbesondere was die Gründerzeitviertel im Leipziger Westen angeht. Um die Schere zwischen sanierten Häusern mit anschließenden Miet- und Eigentumswohnungen im höheren Preissegment und dem sozialen Wohnungsbau auf der anderen Seite nicht zu weit auseinander klaffen zu lassen, bekräftigte sie die Notwendigkeit einer Mietpreisbremse als kleines Steuerinstrument. Dies müsse aber flankiert werden von weiteren Maßnahmen und sei nicht als Allheilmittel zu sehen.

Christian Möckel, Vorsitzender des BürgerVerein Leutzsch e.V., sah die Zukunft des Leipziger Westens auf einer gemeinschaftlichen Ebene zwischen Bürgern und Verwaltung. Als Schnittstelle hierfür stellte er den Stadtteilladen Leutzsch in der Georg-Schwarz-Straße 122 heraus. Hier können bereits aktive und potenzielle Kommunalpolitiker mit den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort ins Gespräch kommen, um deren Wünsche und Anregungen aufzunehmen. Das Stichwort „Bürgerbeteiligung“ welches von der Stadtverwaltung gern benutzt wird, griff auch er noch einmal auf. Bürgerbeteiligung sollte für die Stadt Leipzig nicht nur ein Schlagwort sein, um schöne Projekte abzusegnen, sondern Bürgerbeteiligung sollte auch da stattfinden, wo der Ausgang vielleicht unangenehm für die Stadt sei. Konkret benannte Christian Möckel die Umgestaltung und Sanierung von Straßen, wie in Leutzsch derzeit der Abschnitt Georg-Schwarz-Straße zwischen Rathaus Leutzsch und Phillip-Reis-Straße. Auch wenn es bevorzugte Varianten dafür gibt, sollte die Stadt Leipzig einen aktiven und offenen Bürgerdialog suchen. Hinweise und Ideen der Leutzscher AnwohnerInnen dürften nicht unter den Tisch fallen.

Christian Händel, von der DSK - Deutsche Stadt und Grundstücksentwicklungsgesellschaft mbH & Co. KG, brachte einen weiteren Aspekt für die Zukunft des Leipziger Westens zur Sprache. Ihm ging es während der Diskussion vor allem um den Sanierungsaspekt. Von vier Straßen in Lindenau schrieb er über seine Firma in Kooperation mit der Stadt Leipzig die HausbesitzerInnen an. In seinem Schreiben stellte er das Projekt „KlimaQuartier“ der Firma DSK vor. Dabei wird auf die Zusammenarbeit von Hausbesitzern und Stadt gesetzt. Denn das Konzept beziehe sich nicht nur auf einzelne Häuser sondern auch auf Straßenbeleuchtung und Möglichkeiten den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Auch geht es um Hilfe bei der Beantragung von Fördermöglichkeiten der entstehenden Investitionen .Im Moment befindet sich das Projekt noch in der Bestandsaufnahme. Daher konnte er keine konkreten Pläne für ein weiteres Vorgehen nennen.

Torsten Mehnert war für die Initiative Bürgerbahnhof Plagwitz (IBBP) anwesend und sorgte für ein versöhnliches Bild im Zusammenleben von Kreativen und Alteingesessenen. Der „Bürgerbahnhof Plagwitz“ sei nach seiner Ansicht bestens geeignet, um Menschen zusammenzubringen. Als kleine Anekdote brachte er an, dass er im Rahmen der Arbeiten vor Ort mit Menschen ins Gespräch kam, die früher auf dem Bahnhof gearbeitet haben, die Interesse an dem Gelände haben und sich auch zu einer Zusammenarbeit überzeugen ließen. Wer offen aufeinander zugehe und das Gespräch suche, würde von alteingesessenen Anwohnern auch akzeptiert, so seine Meinung. Das gemeinsame ‚Tun‘ an konkreten Projekten sei der Schlüssel für ein gutes Miteinander.

Im Anschluss an die Diskussionsrunde gab es für das Publikum noch die Möglichkeit Fragen zu stellen oder eigene Statements abzugeben. Davon machten nur einige der Anwesenden Gebrauch, vielleicht auch, weil viele Fragen im Vorfeld eingereicht wurden. Insgesamt war es eine sehr konsensuale und konstruktive Diskussionsrunde, die Eva Brackelmann um 21:00 Uhr nach gut zwei Stunden schloss.


Nachricht vom 07.03.2014
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