Café Kaputt –ein Aufruf

01.11.2017

Bildinhalt: Café Kaputt –ein Aufruf | Foto: Cafe Kaputt
Foto: Cafe Kaputt
 

Das Café Kaputt braucht dringend Unterstützung. Wie und Warum?

Im Gespräch mit Lisa Kuhley, der Leitung des „Café Kaputt“ folgen wir der Zeitschiene von den Anfängen bis heute. Der Verein steht dabei nicht nur für sich, sondern exemplarisch für viele Initiativen, die sich im sozialen, ökologischen oder künstlerischen einsetzen.

Lisa Kuhley berichtet für den Beginn von einer Gruppe, die sich über die gemeinsame Vergangenheit beim europäischen Freiwilligendienst in Leipzig gefunden hat. Neu in Leipzig, zu Beginn des Studiums vereint diese jungen Menschen das Interesse am Mitgestalten und an der Arbeit zur europäischen Verständigung. Ein Verein wird 2012 gegründet. Der leben.lernen.leipzig.e.V. über den z.B. eine Europaralley, partizipative Projekte zu europäischen Werten und Bildungsreisen mit Jugendlichen organisiert werden.

Über einen Blog wird Lisa Kuhley auf Reparaturcafés in Holland aufmerksam. Mit einer Partnerin aus dem Verein will sie diese Idee unbedingt nach Leipzig holen. Als größte Hürde erweisen sich dabei aus dem Rückblick die Räumlichkeiten. Die beiden Organisatorinnen suchen gezielt einen Raum, den sie nicht so bald wieder verlassen müssen und dessen Miete sie im Griff behalten können. Über eine Hausprojekte-Gruppe werden ihnen Räume angeboten. Den Ausbau schaffen sie mithilfe eines Projektes mit zwei Schulen (im Rahmen einer GTA), einem Spendenaufruf und Mitteln aus dem Verfügungsfonds Leipziger Westen innerhalb von zwei Jahren. Trotz vieler Helfer kamen im ersten Jahr rund 60h/Wochen für die Organisatorinnen zusammen, weit mehr als erwartet. Am 21. 6.2014 ist der erste Meilenstein geschafft. Das Schulprojekt ist beendet, das Reparaturprojekt beginnt. Lisa Kuhley macht ohne ihre Partnerin weiter, die die Liebe aus Leipzig wegführt.

Das Café Kaputt war von Anfang an auf Partizipation hin zur Selbstfunktion über Ehrenamtliche angelegt. Jeder kann hinkommen und reparaturbedürftige Sachen mit Hilfe freiwilliger Experten reparieren. Wem geholfen wurde der darf gerne was spenden, damit Strom und Wasser fließen. Dazu die Räume, deren Miete sicher bleibt. Das Café erfreut sich reger Teilnahme, viele Helfer- und viele Nutzer füllen den Raum. Jung und Alt, Deutsche und Migranten sind am Tag des Interviews vor Ort. Einer der Migranten übersetzt grade so gut er kann um die Verständigung in Bezug auf die Reparatur einer Nähmaschine durch einen älteren Migranten und einer jungen Deutschen zu erleichtern. Statt wie zuerst an zwei Tagen in der Woche ist das Reparaturcafe nun drei Tage die Woche geöffnet. Technik/ Elektro, Textil und Heimwerken/ Handwerken werden bei Reparaturen unterstützt.
Was sich bis hier so flüsig liest täuscht über die vielen Hürden hinweg, die es zu überwinden galt und immer noch gilt.

In einer idealen Welt sollte sich das Reparaturcafé ab diesem Punkt von selbst tragen. Durch Ehrenamtliche und Spenden.

Doch nach wie vor bleibt viel Arbeit an der Leitung hängen, was vor allem an der Verwaltung und Bürokratie hängt. Die Leitung muss auch dafür sorgen, dass eine respektvolle Atmosphäre herrscht, genug Ruhe im Raum ist und die Helfer unterstützt werden (weitere der umfangreichen Aufgaben am Ende des Textes). Selbst mit einer zusätzlichen Stelle aus dem Bundesfreiwilligendienst lässt sich diese Arbeit nicht abdecken. Die Erfahrung und das Wissen, die dazu weitergegeben werden müssen sind einfach zu groß. Insgesamt kommen auf die beiden Stellen (Leitung und (momentan) Bufdi) jeweils 20 Stunden zusammen, oft auch mehr. Wöchentlich. Dass das auf Dauer nicht ehrenamtlich zu stemmen ist, ist verständlich. Trotzdem hat Lisa Kuhley es bisher irgendwie geschafft. Das letzte Jahr konnte sie sich dank Rücklagen, einem Preisgeld für den Agenda-Preis und einer großzügigen Spende ein kleines Honorar auszahlen. Für die Zukunft sieht sie, dass die Verwaltungsarbeit eher mehr wird und sie diese Menge an Arbeit auf keinen Fall mehr ehrenamtlich abdecken kann. Klassische Fördertöpfe bieten da leider keine Abhilfe.

Wer sich aus Fördertöpfen (teil)finanziert kennt deren Grenzen. Projekte sollen immer innovativ sein. Gut Funktionierendes, Bewährtes wie das Café Kaputt kann sich kaum fördern lassen was verwunderlich ist, da doch gerade gut funktionierende Vereine, die aus den Kinderschuhen heraus sind den größten Mehrwert für die Gesellschaft haben.
Meist ist das, was in Projektanträgen erwartet wird realistisch nicht umsetzbar. Besonders für Konzeption und Organisation, Abrechnungen und Supervision wie auch für laufende Kosten bleibt in Projektanträgen zu wenig Raum. Ein großes Problem können auch Rückforderungen werden die 1 Jahr nach dem Projekt bei der Abrechnung anfallen.

Lisa Kuhley sucht daher für ihren Verein Lösungen um das Reparaturcafé im nächsten Jahr weiter zu finanzieren, ihre Arbeit an Basis und Bürokratie gut machen zu können und dieses integrative und ökologische Lern- und Begegnungsprojekt zur Nachhaltigkeit am Laufen und für alle zugänglich zu halten.

Weitere Infos was und wie unterstützt werden kann hier bis ins Detail:

http://reparieren-in-leipzig.de/das-cafe-kaputt/ohne-dich-keine-reparaturkultur/

Café kaputt
Merseburgerstraße 102 HH, 04177 Leipzig
cafekaputt@lebenlernenleipzig.de
http://www.reparieren-in-leipzig.de

Vielen Vereinen geht es ähnlich. Institutionelle Förderungen sind höchst selten. Eine Unterstützung ist an vielen ehrenamtlich organisierten Vereinen höchst willkommen.


Besonders gut nachvollziehbar hat Café Kaputt jeden einzelnen Spendenposten und Fragen dazu aufgeschlüsselt. Welche Arbeit zur Leitung dazugehört soll hier nochmal direkt aufgeschlüsselt werden:

• Sprechstundenbetreuung = Helfer*innen-Organisation (Wer ist wann da?), Schlüsselverantwortung (auf- und zumachen inklusive Aufbau, Aufräumen), Willkommensatmosphäre wahren, Ansprechperson für besondere Anliegen von Nutzer*innen und Helfer*innen, Lagerung von Projekten, regelmäßige Einkäufe von Verbrauchsmaterialien, Besucher*innen- und Reparaturstatistik, Verleih von Werkzeug an andere gemeinnützige Organisationen
• Raumpflege: regelmäßige Pflege und Wartung von Raum, Werkzeugen und Materialien, Ordnungssystem, Aufräumen
• Werkstattsicherheit = Helfer*innen-Einweisung, Kontakt mit Sicherheitsfachkraft für jährliche Prüfung und Sicherheitsschulung, Aktualisierung von Gefahrenstoff- und Inventarliste, 2-jährige Prüfung aller ortsveränderlichen elektrischen Geräte, Hausordnung, Versicherungen (Haftpflicht und Unfall), Erste-Hilfe-Schulungen, Recherche zu Rechtsfragen (z.B. Reparatur mit Minderjährigen), bei Bedarf Aktualisierung der Hausordnung, Haftungsbegrenzungen, Helfer*innenvereinbarungen
• Projektfinanzen = Spendeneinnahmen und Barkasse verwalten, Rechnungen prüfen und Kontoverwaltung, fortlaufende Buchhaltung, Verwaltung und Belange von Unterstützer*innen
• Nachbarschaft/Gewerbe/Vernetzung = monatliches Treffen mit Hausbesitzer*innen und Nachbargewerben zwecks Organisation von Miet- und Nutzungsbelangen, Beratung von Reparaturcafé-Neugründungen, Austausch mit anderen ähnlich gelagerten Projekten, Mitwirkung im Verbund offener Werkstätten und im Netzwerk Reparaturinitiativen, bei denen wir Mitglied sind (Reparaturkultur insgesamt voranbringen)
• Außenkommunikation und Öffentlichkeitsarbeit = Flyer, Mails, Projekthandy, Newsletter, Facebook, Blogs, Projektbesuche, Presseanfragen, Pressemitteilungen, Stände bei öffentlichen Veranstaltungen, Events im Raum
• Verwaltung = Betreuung und Verwaltung der Bundesfreiwilligen und Kontakte mit Trägerorganisation, jährliche Berichte über unsere Projektarbeit.


Nachricht vom 01.11.2017
Autor: S. Ruccius